PERRY-RHODAN-Kommentar 2303


DIE SIGANESEN UND SIGA (II)


Die andauernde, wenngleich mit der Zeit etwas verlangsamte Schrumpfung der Sigageborenen zeitigte nicht nur körperliche, sondern auch psychische Wirkungen: Im Vergleich zu anderen Völkern hatten sie ein überaus hochstehendes Ethos, vor allem geprägt von der Ehrfurcht vor dem Leben und einer außerordentlichen Höflichkeit im Umgang miteinander und anderen Völkern gegenüber. Sie galten als überaus korrekt, friedfertig, zurückhaltend, fromm und loyal, allerdings auch als extrem prüde.

Aus der Zusammenarbeit mit den Swoon als Spezialisten auf allen Gebieten der Mikrotechnik gingen die Siganesen für Jahrhunderte als Hoflieferanten in Sachen Nano- oder gar Pikotechnik hervor, die letztlich sogar ihre Lehrmeister überboten. In den Bereich der Legenden gehört jedoch die Vorstellung, dass die körperliche Winzigkeit quasi die Herstellung solcher Produkte »in Handarbeit« begünstigt hätte. Die Erzeugung nanotechnischer Wunderwerke am Rand des physikalisch Machbaren ist Dank entsprechend konstruierter Roboter und Produktionstechniken selbstverständlich auch anderen Völkern möglich. Wahr ist allerdings, dass die Siganesen aufgrund ihrer Kleinheit eine besondere Affinität zu Dingen von kleinster Abmessung aufwiesen und sie deshalb Konzepte entwickelten, die einem Normalgewachsenen nie in den Sinn gekommen wären. Die eigentliche Fertigung überließen auch die Siganesen dann den eigens dafür geschaffenen Fabriken (nach PR-Computer 1634).

In der Zeit der Monos-Diktatur hatten die Siganesen Unmenschliches zu erleiden. Schon die Manipulation von Gladors Stern durch die Cantaro im Jahr 452 NGZ bedingte, dass sich die Größe auf etwa elf Zentimetern einpendelte, verbunden mit einer reduzierten Lebenserwartung von 250 Jahren, während die Schwangerschaft fortan nur noch zehn Jahre dauerte und die körperliche Reife nach 32 Jahren erreicht war. 607 NGZ hatten die Aras eine erste Klonfabrik errichtet, in der mit gefangenen Siganesen »experimentiert« wurde; 1001 NGZ folgte eine zweite, so dass es im Mai 1147 NGZ beim Sieg über Monos nur noch wenige hundert Überlebende gab.

»Betreut« von rund 10.000 Algustranern – den von Siganesen abstammenden Kolonisten des dritten Planeten der Sonne Rampan, die im 12. Jahrhundert NGZ wieder eine Durchschnittsgröße von etwa 45 Zentimetern und eine Lebenswartung von 400 Jahren aufwiesen –, stieg die Bevölkerung Sigas zwar bis ins Jahr 1200 NGZ wieder auf rund 700 an, doch dieses bedeutete keine wirkliche Wende; die letzten 327 wanderten nach Camelot aus. Erst 1255 NGZ wurde entdeckt, dass die Siganesen ihren Planeten mit unbekanntem Ziel verlassen hatten.

Aber auch das war nicht der Endpunkt der Entwicklung. 1289 NGZ kamen 275 Siganesen nach Siga, um den Footen der Dscherro-Burg Gousharan eine Falle zu stellen, und als Anfang 1292 NGZ Camelot aufgelöst wurde, kehrten die Siganesen dauerhaft nach Siga zurück – rund 60 von ihnen traten allerdings in die USO ein, zeitweise arbeiteten sogar rund 120 in Quinto-Center. Zwar trafen immer wieder einzelne Siganesen oder über die Milchstraße versprengte kleine Gruppen auf Siga ein, doch die extrem geringe Geburtenrate ließ weiterhin sehr zu wünschen übrig.

Nach den schlechten Erfahrungen der Monos-Zeit sowie aufgrund ihrer hohen Ethik kamen für die Siganesen In-vitro-Verfahren wie überhaupt sämtliche gentechnischen Manipulationen nicht in Frage, so dass deshalb davon ausgegangen wird, dass die »echten« Siganesen zum Aussterben verurteilt sind. Seit 1295 NGZ gibt es auf Siga allerdings ein in den ersten Jahren unter strikter Geheimhaltung eingeleitetes »Revitalisierungsprogramm«, das auf einreisewilligen Algustranern basiert, da sich gezeigt hatte, dass die ersten auf Siga geborenen Algustranerkinder bereits wieder nur etwa knapp halb so groß wie ihre Eltern wurden und mit rund 19 bis 20 Zentimetern Größe etwa dem Stand eines Lemy Danger entsprachen.

Zwischen Siga und Algustra hatte es immer eine gewisse Fluktuation gegeben – während Siganesen auswanderten, waren Algustraner nach Siga zurückgekehrt, weil sie der Meinung waren, sie würden schon wieder zu groß und damit zu menschenähnlich. Seit 1335 NGZ gibt es eine starke Algustraner-Zuwanderung, da die »Großen« ihre »kleinen Vettern« nicht im Stich lassen wollten, wenngleich sie von diesen mit feiner Ironie »Riesensiganesen« genannt werden. Mit Stand 1. Januar 1344 NGZ leben etwa 15 Millionen 45 Zentimeter große Algustraner auf Siga. Hinzu kommen etwa 500.000 inzwischen auf Siga geborene »Halb-Aglustraner« im Alter zwischen zehn und fünfzig Jahren von zwanzig Zentimetern Größe sowie weitere 1,2 Millionen, die ab 1336 NGZ geboren wurden. Die Gesamtbevölkerung Sigas beträgt also etwa 16,7 Millionen.

Rainer Castor