PERRY-RHODAN-Kommentar 2273


RÄTSEL GRAUGISCHT


7.000.392 vor Christus war Carya Andaxi, die zuvor im Dienst der kosmischen Ordnungsmächte gestanden hatte, mit ihrem 900 Meter durchmessenden muschelförmigen Raumschiff nach Tan-Jamondi II gekommen und wurde in den Orden der Schutzherren aufgenommen. Bald darauf wurde der Planet Graugischt im Arphonie-Haufen ihr persönliches Refugium. Keine der Schildwachen besuchte jemals diese Heimstatt, aber einige Schutzherren waren hin und wieder dort. Es galt als ungeschriebenes Gesetz, dass Carya Andaxi einen Sonderstatus hatte – Graugischt war und ist ihr Planet.


Im Jahr 7.000.354 vor Christus zog sie sich hierher zurück, um – wie wir inzwischen wissen – ihre Kinder zu gebären, die später als Ozeanischen Orakel bekannten Schota Magathe. Es heißt, dass einst aus einer Schota Magathe die »neue, wiedergeborene Carya Andaxi« hervorgehen soll. Unklar ist allerdings, wie diese Aussage genau zu verstehen ist: ob zu gegebener Zeit aus einer Schota Magathe ähnlich wie bei einer Insekten-Königin »nur« eine Nachfolgerin entsteht oder ob durch eine wie auch immer geartete »Bewusstseinsübertragung« tatsächlich von einer »Wiedergeburt« gesprochen werden kann. Vielleicht sind die Schota Magathe als Ganzes gar keine Einzelindividuen, sondern Einzelkörper einer kollektiven Lebensform?


Nach 117 Jahren Graugischt-Aufenthalt kehrte Carya Andaxi jedenfalls mit einem Prototyp eines Bionischen Kreuzers nach Tan-Jamondi II zurück. Erstmals hörte man nun auch von den rätselhaften Submarin-Architekten, die den Ozean Graugischts bewohnten. Ein weiteres Rätsel, denn niemand weiß, ob es sich bei den Toron Erih um eine eingeborene Lebensform handelte oder ob sie mit Carya Andaxi an Bord ihres Muschelschiffs nach Graugischt gelangten.


Äußerlich ein fast humanoides Volk, muss es vor Urzeiten aus Landbewohnern hervorgegangen sein; die Genetiker haben jedenfalls Anzeichen gefunden, dass eine genetische Manipulation Grund dieser Anpassung war. Doch das muss Hunderttausende Jahre vor der Abriegelung der Hyperkokons geschehen sein, und es interessiert bei den heutigen Toron Erih niemanden mehr. Die Submarin-Architekten gelten als begnadete Techniker, die vor allem bionische Technologien einsetzen.


Dass Carya Andaxi einige »Geheimnisse« an Bord ihres Muschelraumers mitgebracht hatte, zeigt auch die »Substanz 101«, die von den Porlimschen Schatten produziert wird. Als Teil einer Produktionssequenz, in der Genetik, Biotechnologie und Bionik ineinander übergehen, handelt es sich bei der »Molke« um die biologische Komponente, die ähnlich wie Blut im biotronischen Fasernetz beispielsweise eines Bionischen Kreuzers zirkuliert.
Ähnlich wie programmierte Bakterien waren die Porlimschen Schatten in die Lage versetzt worden, »Substanz 101« herzustellen; eine Eigenschaft, die seither von Generation zu Generation weitergegeben wird. Diese quallenähnlichen Lebewesen benötigen Jahre, um die winzige Menge für ein einziges Schiff zu produzieren. Ursprünglich stammte die Substanz aus einem Designlabor der auch Regenbogeningenieure genannten Porleyter, die bereits vor rund 13 Millionen Jahren in den Dienst der Kosmokraten traten.


Dass die Bionischen Kreuzer auf Graugischt entstanden und gebaut wurden, wussten wir bereits aus dem Bericht der Medialen Schildwache. Inzwischen haben wir erfahren, dass eine unbekannte, ohne Zweifel in die Tausende gehende Zahl dieser Raumer in den submarinen Schächten vorgehalten werden, gedacht für die Reise zum mythischen Ahandaba – wer immer diese auch antreten mag.


Es braucht nicht zu verwundern, dass es Carya Andaxi gelungen war, ihren inzwischen von Hyperdimos in den Hyperraum abgestrahlten Schutzherren-Porter auf Graugischt zu deponieren. Rätselhaft bleiben allerdings die anderen Schächte – neben den zwei Kilometer durchmessenden kreisrunden Formationen gibt es nämlich auch solche mit Durchmessern von bis zu dreißig Kilometern! Dick überwuchert und verkrustet, wurden sie anscheinend schon Ewigkeiten nicht mehr geöffnet. Unter den Gigantschotten müssen sich riesige Hohlräume befinden, die tief ins Innere des Planeten führen.
Was immer sich in diesen befindet, ist zweifellos uralt. Berücksichtigen wir weiterhin, dass die Planeten des Schattenstaates Andaxi mit technischen Mitteln wie dem leistungsfähigen Teletransportfeld eines Situationstransmitters in neue Positionen im Orbit anderer Sonnen versetzt und überdies hinter künstlichen »Raum-Zeit-Falten« verborgen wurden, sollten wir auf einige Überraschungen gefasst sein ...

Rainer Castor