PERRY-RHODAN-Kommentar 2127


TECHNOLOGISCHE ENTWICKLUNG


Ende des 12. und im Verlauf des 13. Jahrhunderts NGZ mag es über weite Strecken so ausgesehen haben, als stagniere die wissenschaftliche und technologische Entwicklung. Ganz so falsch ist dieser Eindruck nicht einmal. Die Gründe sind jedoch andere als in manchen Kreisen der interessierten Öffentlichkeit vermutet.

Zum einen ist zu berücksichtigen, dass nach dem Ende der Monos-Diktatur andere Dinge höhere Priorität hatten – Wiederaufbau und Rückkehr zur »Normalität« zum Beispiel – als eine ungestüme Grundlagenforschung, womöglich noch »fernab jeder praktischen Anwendung«. Zum Zweiten gab es zwar durchaus diese Forschung, aber hinsichtlich der greifbaren Ergebnisse konnte – bislang – kaum oder gar kein Erfolg verbucht werden.

Stets wurde die galaktische Wissenschaft von neuen Impulsen angeregt – seien es die technischen Hinterlassenschaften der Cantaro, die Ereignisse rings um die Toten Zonen oder was sonst inzwischen an Krisen zu bewältigen war. Dabei wurden den Forschern auf mehr als unangenehme Weise vor Auge geführt, dass es immer noch kein übergreifendes theoretisches Konzept gibt, in dem nicht nur die verschiedenen, einander zum Teil widersprechenden Einzeltheorien des »Hyperphysikalischen« vereint, sondern endlich auf eine ausreichend solide Basis gestellt werden, um auch theoretisch abgeleitete Vorhersagen machen zu können.

Humphrey »Blue« Parrot und Sackx Prakma in der Nachfolge des viel zu früh verstorbenen Tautmo Aagenfelt bei der Liga Freier Terraner, Attaca Meganon, Kaha da Sceer und andere bei der USO als »Nachfolger« der Camelot-Initiative und ihrer Forschung, Blo Rakane bei den Halutern, Ka’Marentis Aktakul und die ihm zuarbeitenden Wissenschaftler beim Kristallimperium, nicht zuletzt Myles Kantor, Tangens der Falke und andere auf der fernen SOL – sie alle widmen sich der Thematik, wenn auch vor allem von der »praktischen Seite«.

Die Bedrohung durch das Reich Tradom wird zweifellos in dieser Hinsicht Ergebnisse bescheren – Stichworte sind Reflektorfeld, Paradimpanzer und vor allem der Paradim-Panzerbrecher –, aber hier ist die Frage offen, ob es auch schnell genug geschehen kann und wird. Zudem fehlt weiterhin jemand wie ein Payne Hamiller – ebenfalls viel zu früh verstorben! –, der die »Große Vereinheitlichung der Hyperphysik« voranzutreiben in der Lage ist.

Ansätze, wie sie die von Aagenfelt leider nur teilweise ausgewerteten »waringer-files« geliefert haben, gibt es durchaus. Hauptknackpunkt ist allerdings, dass wir es auf der einen Seite mit der auf die Arkoniden zurückgehende und auch von den Terranern praktizierte pure Anwendung im Sinne einer phänomenologischen Hyperphysik zu tun haben, sprich: Ergebnisse empirischer Beobachtung werden in Aggregate umgesetzt, ohne dass das genaue Wie und Warum bekannt wäre.

Auf der anderen Seite gibt es den von Waringer formulierten ganzheitlichen Ansatz, der – unabhängig davon, ob er nun als Weltbildmodell wirklich geeignet ist oder nicht – derart »weit oben« ansetzt, dass er kaum oder keine in der Praxis tauglichen Ergebnisse liefert.

Was fehlt, ist der »Mittelteil«, jene Modellvorstellungen, damit verbundene Vorhersagen und ihre Umsetzung, die über reine Empirie hinausgehen und die Kluft zum Waringschen Weltbild schließen. So wird zum Beispiel »der Hyperraum« genutzt, um damit Hyperfunk oder überlichtschnelle Triebwerke zu ermöglichen. Doch es dreht sich hierbei stets um Anwendungen, deren Ziel eine »Umgehung« der durch das vierdimensionale Raum-Zeit-Kontinuum und seine Gesetze bedingten Einschränkung und Begrenzung ist.

Von einer Erforschung des eigentlichen übergeordneten Kontinuums kann keine Rede sein, weil wir es mit Wechselwirkungen mit dem vertrauten Standarduniversum, den hyperphysikalischen Äquivalenten, die hier in Erscheinung treten, zu tun haben, nicht jedoch mit denen, die »im Hyperraum selbst« maßgeblich sind.

Vor diesem Hintergrund sind die Kenntnisse, die die galaktische Wissenschaft in Bezug auf Zustände und Vorgänge im 5-D-Raum entwickelt hat, auch heute noch in erster Linie empirischer Natur. Es gibt zahlreiche Theorien, manche davon recht erfolgreich im Erklären fünfdimensionaler Zusammenhänge. Aber es gibt noch keinen theoretischen Überbau, der den Hyperraum und alles, was in ihm geschieht, in seiner Gesamtheit erfasst. Geblieben aus den Anfangszeiten ist die Überzeugung, dass Ereignisse im 5-D-Raum Abdrücke im 4-D-Kontinuum erzeugen – oder umgekehrt: dass jeder Vorgang im Standarduniversum ein Ereignis im Hyperraum widerspiegelt. So ist die 4-D-Gravitation ein Abdruck der 5-D-Hyperbarie, im Hyperfunk findet sich die fünfdimensionale Hyperelektromagnetik wieder usw. (PR-Computer 1618)

So wissen wir zum Beispiel, dass Hyperenergie bis 6,854 mal zehn hoch dreizehn Kalup maßgeblich Masse, Energie und die konventionelle Raum-Zeit-Struktur des Standarduniversums »widerspiegelt«. Aber schon in diesem unteren Bereich des hyperenergetischen Spektrums gibt es einige »weiße Flecken«, die offensichtlich keine konventionelle Entsprechung haben. Nicht viel anders sieht es mit höherfrequenten Abschnitten aus, die zum UHF- und SHF-Bereich gehören.

Für die technologische Entwicklung stellt sich also mehr den je die Forderung, sich der Erforschung des übergeordneten Kontinuums selbst zuzuwenden – mag dieses noch so unanschaulich sein –, statt weiterhin an der Oberfläche »herumzukratzen« und sich mit den mehr oder weniger konventionellen Ableitungen zufrieden zu geben. Ob es gelingt, ja ob es angesichts unserer nicht für den Hyperraum geschaffenen Sinne überhaupt gelingen kann, bleibt abzuwarten.

Zu gegebener Zeit kommen wir auf diese Thematik zurück. Vorläufig müssen wir uns mit der Einsicht zufrieden geben, dass es zumindest in anderer Hinsicht Erfolge gibt – sei es in Form der TRAJAN oder der arkonidischen Raumer der GWALON-Klasse ...

Rainer Castor